Ein Rückblick auf den ersten Lockdown

Was habe ich im Lockdown über mich selbst und unser aktuelles Schulsystem gelernt und was waren meine Gefühle dazu:

Als Mutter von zwei kleinen Kindern welche eine bereits in der Schule die andere noch im Kindergarten ist, gestaltete sich der Lockdown, zunächst betrachtet, äußerst schwierig. Beide Kinder sind HB Kinder. Die eine mit einer unglaublichen Kreativität gesegnet und einem überschwänglichen Bewegungsdrang. Die andere unglaublich träge, aber gleichzeitig unglaublich durchsetzungsstark. Die Erste kann ohne die Zweite, da sie selbst der Erfinder ist. Ihr wird nie langweilig, sie kreiert den ganzen Tag. Nur das, was für die Schule zu erledigen ist, wird rigoros abgelehnt und verschoben. Die Zweite kann nicht ohne die Erste, sie ist nach der Suche nach Impulsen, nach Führung, sie läuft mit wie ein Magnet, das an der Ersten klebt und alles kopiert und aufsaugt was sie tut. Sie lässt sich führen und verführen, lässt sich inspirieren, hat jedoch keine eigenen intrinsischen Impulse dahingehend was sie mit dem angebrochenen Tag anfangen soll. 

So saß ich da, versuchte die Erste dazu zu bringen, die aus ihrer Sicht sinnlosen Schulaufgaben zu erledigen und gleichzeitig die Zweite dazu zu bringen, das Unmögliche zu vollbringen, nämlich sich selbst zu beschäftigen, während ich der Ersten, wenn sie sich denn für eine Aufgabe begeistern konnte versuchte zu helfen. 

Zwei Wochen ging das so, bis ich keine Lust mehr hatte zu kämpfen. Denn mir war schnell klar, warum diese Situation bestand. Ich war diejenige, die die Art und Weise der Vermittlung der gestellten Aufgaben ablehnte, die irrsinnigen Wiederholungen, die nicht alltagsgerechten Aufgaben, die die Kinder in ihrer aktuellen Lebensphase in keiner Weise weiter bringen.

Wer hat, wenn er 6 DIN A4 Blätter zum Thema Uhrzeit bekommt, nach dem ersten Blatt noch Lust die nächsten Blätter zu bearbeiten, wenn diese die gleichen Aufgaben sind? Wohl weder die Kinder die, die es schon können, denn die haben ja bereits bei der ersten Seite gezeigt das sie es schaffen. Noch die Kinder, die es nicht können, denn für sie ist es die reinste Qual.

Das Gehirn ist kein Muskel. Wir lernen nicht besser, durch häufiges wiederholen, wir lernen nur wenn es uns wirklich interessiert. Ich denke jeder Erwachsene kann mir hier beipflichten, das wir dass, was wir in unserem Leben an interessanten Fakten behalten haben, nur behalten haben, weil wir eine Emotion damit verbinden. Eine positive oder auch eine negative. 

Wenn ein Kind z. B. noch nicht in seinem alltäglichen Bewusstsein das Thema Zeit implementiert hat, ganz einfach, weil es damit nicht in Berührung kommt, warum sollte es diese dann lernen? Wenn die Zeit für ein Kind in Frage kommt, weil es z. B. einen Kuchen backen will und wissen muss wie lange dieser im Ofen sein muss, wäre dies eine viel bessere Möglichkeit das Kind mit dem Thema Zeit vertraut zu machen, als mit mehreren DIN A4 Blättern mit wiederholenden abstrakten Aufgaben, die für das Kind keineswegs greifbar sind. 

Warum bringen wir Kindern nicht relevante Schulinhalte durch deren alltäglichen Bedürfnisse und im Rahmen ihres Bewusstseinsradius bei? Warum ist es wichtig x-mal auszurechnen wie die Differenz der Mondphase zur Sonnenphase ist (bei uns Schulstoff der dritten Klasse)? Wo kommt das Kind im aktuellen Leben damit in Berührung? Und interessiert es sich dafür? 

Ein anderes Beispiel war der Sachunterricht. Die Kinder sollten eine Collage oder Präsentation über ein Land erstellen. Die Länder waren vorgegeben und keines davon befand sich in Europa. Für uns Erwachsene wäre das fast so als wenn uns jemand dazu animieren wollte etwas über ein anderes Sonnensystem irgendwo im Universum zu lernen, weil die Planeten und die Einwohner dort so toll und exotisch sind. Genauso wenig greifbar ist es aus meiner Sicht, wenn man von einem siebenjährigen Kind erwartet, sich vorzustellen wie es auf einem anderen Kontinent aussieht und sich dafür so sehr zu interessieren, dass es darüber freudestrahlend etwas seinen Mitschülern erzählt. Denn das ist nur möglich, wenn man dort gewesen ist. Wie kann ich mit Leidenschaft und Enthusiasmus von etwas erzählen was ich nicht kenne? Da hilft mir auch keine Recherche. Das Gefühl, das dabei entsteht, etwas selbst erfahren zu haben, ist viel wertvoller und nur dass kann auch authentisch weitergegeben werden.

Warum fange ich nicht erst einmal damit an dem Kind etwas über ihre Umgebung beizubringen? Also warum können die Kinder nicht etwas über ihre Stadt erzählen? Über ihr Land, welches sie vielleicht durch Urlaube besser kennengelernt haben? Wieso baut der Lehrer nicht darauf auf und erklärt die oben genannten Zusammenhänge auf historische und zwischenmenschliche Weise? Wie entstanden die ersten Siedlungen? Warum gibt es Städte? Alles tolle Themen mit denen Kinder sich bestimmt mehr identifizieren können, besonders wenn dann noch entsprechende Exkursionen gemacht werden.

Ich bin dankbar, das ich sehen konnte, was meine Tochter in der Schule wirklich beigebracht bekommt und wie weit dies doch von ihren aktuellen Bedürfnissen als Mensch und Kind entfernt ist.

Meines Erachtens liegt es an uns, dass wir unseren Kindern ermöglichen, das sich dies ändert. Das Schule sich mehr an den alltäglichen Bedürfnissen unserer Kinder orientiert. Das sie Spaß haben zur Schule zu gehen und sie es kaum erwarten können am nächsten Tag neue spannende Dinge zu erfahren. Eine Schule die Neugierde fördert, anstatt Dinge beizubringen die für Kinder in ihrem Leben nicht praktisch sind.

Unterstützen wir daher Organisationen und Menschen die dies bereits leisten und sich dafür einsetzten, dass Schule sich mehr am Kind, anstatt an der zu verabreichenden Information orientiert.

Welche Organisationen und Menschen das sind findet ihr unter folgendem Link.

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