Ein langer Spaziergang
Heut morgen verspürte ich das Bedürfnis, auf eine „Reise“ zu gehen. Ich wollte schon seit Langem an dem Feld vorbeilaufen, an welchen ich früher immer zur Arbeit vorbeigefahren bin. Also machte ich mich fertig und wollte gerade gehen, als mein Handy mir anzeigte, das Matías einen neuen Post veröffentlicht hatte. Da ich bereits noch den Gestrigen zu lesen hatte, entschloss ich mich, ihn zu lesen, bevor ich ging.
Als ich dann loslief, fand ich mich zunächst auf dem Weg, den ich sonst durch den Wald mache, ich hatte noch diverse Gedanken im Kopf und schaute ab und zu auf mein Handy. Dann kamen Ängste, ob ich wirklich an so einem heißen Tag loslaufen sollte. Es waren über 30 Grad und schließlich kann ich Hitze nicht wirklich gut vertragen und bekomme schnell einen Hitzschlag.
Auch kannte ich den genauen Weg nicht, aber ich wusste in meinem Kopf genau, wohin ich wollte und was ich sehen wollte. Vom Auto hatte ich den Feldweg schon so oft gesehen und so schwer konnte es ja nicht sein, diesen zu finden. Also lief ich weiter und war ganz aufgeregt, was ich alles auf dem Weg Neues entdecken würde. Dann erreichte ich den Feldweg und er war so wunderschön, wie ich ihn immer von der Autobahn aus gesehen hatte. Die Ären des Kornfeldes wiegten sich im Wind und die Mittagssonne ließ die Farben der Umgebung erstrahlen.
Der Feldweg war lang und ich merkte, wie mir langsam heiß wurde und ich mich nach Schatten sehnte, als plötzlich Wolken aufzogen und sich eine erste große Wolke vor die Sonne schob.
Ich war dankbar über die kurze Abkühlung. Ich lief weiter und kam einen Fluss, der von Linden gesäumt war. Als ich zur Seite blickte, sah ich ein Weißes Pferd auf der Koppel, dass mich ansah (Das weiße Pferd symbolisiert den Kosmos und die Kraft der kosmischen Alliebe), da wusste ich, dass ich auf dem richtigen Weg war, also lief ich weiter, und an mir fuhr ein Auto mit der Kennzeichen Nummer 9090 vorbei (ein Zeichen seinem persönlichen spirituellen Weg zu folgen)
Mir begegneten weitere weiße Pferde und als ich an einem Gestüt vorbei kam, sah mich ein Pferd von Weitem an. Aber es blickte nicht direkt wieder auf das Gras und fraß weiter wie die anderen, es lief fröhlich auf mich zu. Ich blieb am Zaun stehen und ließ es an meiner Hand schnuppern. Es war eine junge Haflingerstute, die sehr verspielt war und mich mit ihrem Wesen und ihrer blonden Mähne an meine Tochter erinnerte. Als ich lächelnd über die Lebensfreude dieses Pferdes nachdachte, sah ich zu meiner linken einen Falken über die Baumwipfel fliegen und wusste, dass ich immer noch auf dem richtigen Weg war. Ich lief weiter zu einer Brücke, welche vor Kurzem neu gebaut wurde und ich sah plötzlich eine neue, mir unbekannte Straße.
Ich entschied mich, ihr zu folgen, da sie aber auf die Straßenbahngleise zulief, war ich mir plötzlich nicht mehr so sicher, ob dies immer noch der richtigen Weg war. Also schaute ich auf mein Handy, um in google Maps nachzusehen, ob ich diesen Weg auch wirklich nehmen könne. Dabei zeigte mir mein Handy 12:12 Uhr an. Für mich war dies ein Zeichen, das ich es war. Also lief ich weiter. Nach der nächsten Weggabelung wurde ich auf einmal sentimental, ich dachte an den Blogpost von Matías, es ging darin, um das wovor wir wegzulaufen versuchen. Und in dem Moment schaute ich über das Feld und ich sah eine alte Frau. Mir kamen die Tränen, denn ich verstand, warum ich mich nicht verwurzeln wollte, weil ich Angst davor hatte, so verwurzelt zu sein, dass es wehtut wieder loszulassen.
Ich hatte das Gefühl, das ich zum letzten Mal hier auf der Erde bin, dass ich alles gesehen habe, und ich liebe diesen wunderschönen Planeten so sehr. Er enthält so viel Schönes und es schmerzt zu sehen, dass die meisten Menschen dies nicht sehen können. Aber ich kann dies fühlen, ich fühle die Natur, ich fühle das Leben, als wenn ich es bereits 1000-mal gelebt hätte. Die Tränen, die mir in den Augen standen, waren Tränen des Abschieds, weil ich wusste, dass ich loslassen musste. Und als ich die Frau sah, dachte ich daran, wie alte weise Menschen sich verabschieden, jene, die zufrieden mit sich selbst sind, die auf der Bank sitzen und den Kindern schmunzelnd zusehen und sie nicht bewerten, die sie bedingungslos lieben und ihnen alles ermöglichen, was sie sich wünschen.
Diejenigen, die ihren Kindern Weisheiten weitergeben, die ihnen alles Zeigen und doch wissen, dass sie ihren Kindern nichts beibringen können. Diejenigen, die bewusst ihre letzten Schritte gehen, diejenigen, die wissen, dass es kein Abschied, sondern ein verbinden ist, ein verbinden mit dem Gegenüber, weil sie sich in dem anderen erkennen. Sie wissen, dass sie sich mit der Natur verbinden, da sie erkennen, dass sie die Natur sind. Ein Verbinden mit dem Kosmos beim letzten Atemzug, weil sie wissen, dass dort alles hin zurückkehrt und man auch von dort aus die nächste Reise antritt.
Nach dem Abschied und der Erkenntnis, dass ich zulassen muss, voll und ganz hier zu sein, um meinen Samen zu sähen und weiterzugehen, was ich gelernt und erfahren habe in all den Jahren, ging ich weiter.
Vor mir auf dem Weg zogen sich die Wolken zusammen, mehrere Krähen erhoben sich in die Luft und ich lief direkt auf ein Waldstück mit Robinien mit ihren stacheligen Ästen zu. Ich war bereit, mich meinen Schatten zu stellen und wusste, das letzte Stück würde nicht einfach werden. Ich war schon sehr müde und ich hatte leichte Kopfschmerzen. Der Weg endete in einer schmuddeligen Ecke hinter dem Bahnhof, von dort war es nicht mehr weit, aber meine Füße schmerzten, ich hatte mir Blasen gelaufen und mein Kopf war leer. So ging ich die letzten Meter bis zu meinem Haus Barfuß und fiel zunächst einmal erschöpft aufs Sofa.
Doch auf den letzten Metern wurde mir bewusst, was mir dieser Weg gezeigt hat. Beschreibt er doch einen Zyklus, der immer wiederkehrend ist…
…weiter geht es im nächsten Blogpost. :)